Antifeminismus und seine vielen Gesichter

So we­nig wie es den Fe­mi­nis­mus gibt, kann von dem An­ti­fe­mi­nis­mus die Re­de sein. Es gibt un­ter­schied­li­che Strö­mun­gen. An­ti­fe­mi­nis­mus hat vie­le Ge­sich­ter; Schwer­punk­te, Ak­tions­for­men und An­sich­ten der be­tei­lig­ten Grup­pen un­ter­schei­den sich von­ein­an­der.

Auf ei­ne neue Strö­mung in die­sem Be­reich – die selbst­er­nann­ten „Mas­ku­lis­ten“ – möch­te ich hier ein­ge­hen, wo­bei ich auch auf die Rol­le von Frau­en im neu­en An­ti­fe­mi­nis­mus zu spre­chen kom­me. An­schlie­ßend wer­de ich zen­tra­le The­sen, Stra­te­gien und Zie­le des ak­tu­el­len Mas­ku­lis­mus zu­sam­men­tra­gen und be­schrei­ben. Die­sem Punkt fol­gend wer­de ich das Po­ten­tial des Mas­ku­lis­mus für An­knüpf­un­gen in ver­schie­de­ne po­li­ti­sche La­ger und de­ren in­di­rek­ten Ein­fluss bei der Ein­rich­tung von In­sti­tu­tio­nen für Män­ner­rech­te dar­stel­len.

Mas­ku­lis­mus als Spiel­art des Mas­ku­li­nis­mus

Auf der Sei­te der An­ti­fe­mi­nis­t_in­nen herrsch­te lan­ge Zeit der Be­griff des Mas­ku­li­nis­mus vor. An­hän­ger_in­nen des Mas­ku­li­nis­mus se­hen die Herr­schaft von Män­nern über Frau­en als an­ge­bo­ren und na­tur­ge­ge­ben an. Zwei­ge­schlecht­lich­keit und das Pa­triar­chat wer­den pro­pa­giert.[1] Ih­rer An­sicht nach sei­en Män­ner und Frau­en von Na­tur aus ver­schie­den, was zu un­ter­schied­li­chen Auf­ga­ben und Ver­ant­wor­tun­gen füh­re. Mas­ku­li­nis­ti­sche Strö­mun­gen wol­len das Pa­triar­chat wei­ter ver­fes­ti­gen und be­ste­hen seit­dem es eman­zi­pa­to­ri­sche fe­mi­nis­ti­sche Kräf­te gibt, die sich da­ge­gen auf­leh­nen.[2] Durch wis­sen­schaft­li­che Er­kennt­nis­se, die nahe­le­gen, dass Ge­schlecht eher als per­for­ma­ti­ves Phä­no­men[3] denn als zwei klar ab­grenz­ba­re Ka­te­go­rien ver­stan­den wer­den soll­te, und durch die Er­wei­te­rung von Frau­en­rech­ten, ge­riet die mas­ku­li­nis­ti­sche Les­art der Ge­schlech­ter­ver­hält­nis­se im­mer mehr in Ver­ruf.[4]

Seit ei­ni­gen Jah­ren for­mie­ren sich je­doch er­neut Akteur_innen, dies­mal un­ter der Selbst­be­zeich­nung „Mas­ku­lis­mus“. Er ver­folgt zwar das­sel­be Ziel wie der Mas­ku­li­nis­mus, weist aber ei­ne völ­lig an­de­re Stra­te­gie auf. Der In­halt (fest­hal­ten an der Idee der Zwei­ge­schlecht­lich­keit, An­grif­fe ge­gen Gleich­stel­lungs­po­li­tik, Bei­be­hal­tung der männ­li­chen Pri­vi­le­gien) ist der glei­che, aber die Fas­sa­de stellt sich an­ders dar. An­dreas Kem­per be­schreibt den Mas­ku­lis­mus wie folgt:

„Der Mas­ku­lis­mus als Ver­ei­ni­gungs­ideo­lo­gie ist in sei­ner Selbst­be­schrei­bung zunächst da­mit be­fasst, ei­ne ver­meint­li­che Vor­herr­schaft des Weib­li­chen („Femokratie“) zu­rück­zu­drän­gen. Wenn es die­se weib­li­che Vor­herr­schaft bzw. fe­mi­nis­ti­sche He­ge­mo­nie gar nicht gibt, ist der Mas­ku­lis­mus als ei­ne Spiel­art des Mas­ku­li­nis­mus [Her­vor­he­bung LT] an­zu­se­hen. In den Kon­flik­ten um die Be­nen­nung Mas­ku­lis­mus/Mas­ku­li­nis­mus spie­geln sich al­so be­reits die Sicht­wei­sen, ob un­se­re Ge­sell­schaft weib­lich/fe­mi­nis­tisch do­mi­niert ist oder eben nicht.“[5] Kemper (2012)

Die­ser selbst­er­nann­te Mas­ku­lis­mus, der ei­ne neue an­ti­fe­mi­nis­ti­sche Strö­mung dar­stellt und durch das In­ter­net neue Stra­te­gie­mög­lich­kei­ten an die Hand be­kom­men hat, soll hier un­ter­sucht werden. Wäh­rend An­hän­ger_in­nen des Mas­ku­li­nis­mus da­von aus­ge­hen, dass Män­ner über Frau­en herr­schen soll­ten, mei­nen An­hän­ger_in­nen des Mas­ku­lis­mus, Män­ner sei­en mitt­ler­wei­le das be­nach­tei­lig­te Ge­schlecht und bräuch­ten ge­setz­li­che Än­de­run­gen, um ih­re Po­si­tion zu ver­bes­sern.

Vor­der­grün­dig tei­len sie so­mit die For­de­run­gen des Fe­mi­nis­mus nach Ge­schlech­ter­ge­rech­tig­keit; be­die­nen sich der glei­chen Ar­gu­men­ta­tions­mus­ter un­ter um­ge­kehr­ten Vor­zei­chen. Mas­ku­list_in­nen ver­ste­hen sich selbst als eman­zi­pa­to­ri­sche Be­we­gung. Doch se­hen sie sich in ei­ner „Fe­mo­kra­tie“ und for­dern eine wei­ter­ge­hen­de Un­ter­stüt­zung von Jun­gen und Män­nern, um die ver­meint­lich be­ste­hen­de Fe­mo­kra­tie zu be­en­den. Das zen­tra­le Pro­blem sei, dass eine De­zen­trie­rung der Män­ner mit einer Be­nach­tei­li­gung ver­wech­selt wer­de.[6]

„Wenn ich in ei­ner pri­vi­le­gier­ten Po­si­tion bin und ei­nen Teil mei­ner Pri­vi­le­gi­en ab­ge­ben muss, dann führt das da­zu, dass ich mich ex­trem be­nach­tei­ligt fü­hle.“[7] Rosenbrock (2015)

Ei­ne blo­ße Teil­na­hme von Frau­en an Ent­schei­dungs­pro­zes­sen, Ent­schei­dungs­po­si­tio­nen oder der Ar­beits­welt wer­de mit einer Herr­schaft ver­wech­selt.[8] Die zuvor beschriebene Krux, weißer, heterosexueller Männer, sich als privilegierte Gruppe nicht für die Ausweitung ihrer Privilegien zusammenschließen zu können, wird durch die Bildung eines Opfermythos umgangen. Denn: Sich als privilegierte Gruppe zusammenzuschließen und für die eigenen Rechte zu kämpfen, genießt gesamtgesellschaftlich wenig Rückhalt und Verständnis. Sich jedoch als benachteiligte Gruppe gegen Benachteiligungen zu wehren, wird viel eher als legitim wahrgenommen.

Von da­her ma­chen sich mas­ku­lis­ti­sche Strö­mun­gen die For­de­run­gen von Fe­mi­nist_in­nen zu ei­gen und deu­ten sie um, um ihre ei­ge­nen Po­si­tio­nen un­ter ei­nem an­de­ren Dec­kman­tel durch­zu­set­zen und Rück­halt in der Mehr­heits­ge­sell­schaft zu ge­ne­rie­ren. Mas­ku­list_in­nen ver­ste­hen sich so als eine Män­ner­rechts­be­we­gung.

Die­se Selbst­ver­or­tung führt, wie eben­falls der Ti­tel Mas­ku­lis­ten, in die Ir­re. Der Be­griff Mas­ku­lis­mus ist be­wusst an den des Fe­mi­nis­mus an­ge­lehnt. Doch er nimmt keine kom­ple­men­tär er­gän­zen­de, son­dern eine zer­stö­ren­de Hal­tung da­zu ein. Der Be­griff der Män­nerrechtsbe­we­gung be­tont die Durch­set­zung der Rech­te der Män­ner, was ei­nen sanf­ten An­strich macht. Die For­de­run­gen der sog. Män­ner­recht­ler bei der Um­set­zung rich­ten sich näm­lich ge­gen Frau­en(-rech­te). Es wird eine Bei­be­hal­tung und Aus­wei­tung von Män­ner­rech­ten ge­for­dert, wo­bei Ge­schlech­ter­po­li­tik nicht als ganz­heit­li­cher An­satz ge­dacht wird, bei dem al­le ge­win­nen kön­nen, son­dern als Null­sum­men­spiel dar­ge­stellt wird.

Frau­en im Mas­ku­lis­mus

Auch wenn es pa­ra­dox wir­ken mag, dass sich Frau­en in der mas­ku­lis­ti­schen Sze­ne ein­brin­gen und sie sprach­lich durch die Ver­wen­dung des ge­ne­ri­schen Mas­ku­li­nums nicht sicht­bar ge­macht wer­den, sind sie doch vor­han­den.

Vie­le der ak­ti­ven Frau­en kom­men in der Rol­le als sog. „Zweit­frau­en“ mit dem Mas­ku­lis­mus in Be­rüh­rung und be­gin­nen mit dem neu­en Part­ner, sich dort zu en­ga­gie­ren. Durch Un­ter­halts- und Sor­ge­rechts­streits des Part­ners mit sei­ner ehe­ma­li­gen Part­ne­rin se­hen sie das Bild des be­nach­tei­lig­ten Man­nes be­stä­tigt.[9]

Laut Ro­bert Claus wird die Be­tei­li­gung von Frau­en von den Män­nern in mas­ku­lis­ti­schen Krei­sen eher skep­tisch be­trach­tet. Da­bei er­füll­ten sie äu­ßerst un­ter­schied­li­che und so­gleich wich­ti­ge Funk­tio­nen.[10] Die von Frau­en aus­ge­füll­ten Rol­len reich­ten von der an­ti­fe­mi­nis­ti­schen Po­li­ti­ke­rin über die rechts­af­fi­ne Fo­rums­ad­mi­nis­tra­to­rin bis hin zur ge­nüg­sa­men Haus­frau und zur emo­tions­ge­la­de­nen Ver­an­stal­tungs­mo­de­ra­to­rin. Kei­ne die­ser Funk­tio­nen soll­te laut Claus in ih­rer Be­deu­tung un­ter­schätzt wer­den, bräch­ten sie doch so­wohl tech­ni­sches und po­li­ti­sches Know-how wie auch so­zia­le und emo­tio­na­le Re­ssour­cen in die „Be­we­gung“ ein, was im­mens zu de­ren Sta­bi­li­sie­rung bei­tra­gen wür­de. Zu­gleich wer­de durch das pu­bli­ke Auf­tre­ten von mas­ku­lis­ti­schen Frau­en ei­ne ver­harm­lo­sen­de Wir­kung des aggres­si­ven Frau­en­has­ses des Mas­ku­lis­mus in der öf­fent­li­chen Wahr­neh­mung be­zweckt.

In­halt­li­che For­de­run­gen und Denk­mus­ter, Stra­te­gien und Zie­le des Mas­ku­lis­mus

Um ei­ne Über­sicht zum ak­tu­el­len Mas­ku­lis­mus und des­sen zen­tra­len in­halt­li­chen For­de­run­gen und Denk­mus­tern, Stra­te­gien und Zie­len zu ge­ben, ha­be ich fol­gen­de Ta­bel­le he­raus­ge­ar­bei­tet und wer­de auf drei Punk­te nä­her ein­ge­hen, die mei­nes Er­ach­tens die drei zen­tra­len Punk­te der Auf­zäh­lung dar­stel­len.

Was? Thesen Wie? Strategien Wofür? Ziele
1. „Gender Main­streaming ist Gleich­mache­rei!“[11] Umdeutung von Begriffen[12] Setzen eigener Begriffe und Dominieren der Diskussion, Abwerten errungener Institutionen
2. „Vom Mensch zur MenschIn...“[13] Angriffe als Humor verkleiden, nicht ernst nehmen Lächerlich machen von feministischen Ansätzen
3. „Das wird man ja nochmal sagen dür­fen!“

Aufbegehren gegen vermeintliche „political correctness“;[14] Darstellung der eigenen Rolle als rebellisch

Einfangen der „Wut­bür­ger“

4. „Genderstudies sind keine Wis­sen­schaft, sondern Ideologie!“[15]

Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit Anzweifeln der Glaub­wür­dig­keit von wis­sen­schaft­li­chen Er­kennt­nis­sen, die dem eigenen Weltbild widersprechen
5. „Männer und Frauen sind nun mal verschieden!“ Biologistische Argumentation[16] Rollenzuschreibungen und Privilegien werden als natürlich und un­ver­än­der­lich dargestellt und sollen weiterhin erhalten bleiben.

6. „Männer werden
benachteiligt!“[17]

Opfermythos Legitimierung der eigenen Forderungen, De­le­gi­ti­mie­rung be­ste­hen­der Gleich­stel­lungs­po­li­tik

7. „Feministinnen/ Frauen/ ‚Femi­na­zis‘/‚lila Pudel‘ sind daran schuld!“[18]

Feindbildkonstruktion Erschaffung einer ge­mein­sa­men Identität und Stärkung von So­li­da­ri­tät untereinander

8. „Die Be­nach­tei­li­gung der Männer wird in der Öffentlichkeit und von den Medien nicht (ge­nug) wahr­ge­nom­men!“[19]

Fluten von Kom­men­tar­spal­ten Agenda Setting, Ver­brei­tung eigener Positionen, Beeinflussung der Be­richt­er­stat­tung in den  (Leit-) Medien
9. „Die Fotze bringen wir um!“ Hate Speech Zerstörung des Feindes, Mundtotmachen; Mobilisierung Dritter zu Gewalthandlungen


Be­schrei­bung der drei zen­tra­len The­sen der Ta­bel­le:
 


6. The­se: „Män­ner wer­den be­nach­tei­ligt!“
Stra­te­gie: Bil­dung ei­nes Opfer­mythos
Ziel: Le­gi­ti­ma­tion der ei­ge­nen For­de­run­gen, De­le­gi­ti­mie­rung be­ste­hen­der Gleich­stel­lungs­po­li­tik


„Frau­en sind nicht das un­ter­drück­te Ge­schlecht.
Frau­en sind das sub­ven­tio­nier­te Ge­schlecht.“[20]


Mas­ku­list_in­nen mei­nen, die Be­nach­tei­li­gung von Frau­en sei längst Ver­gan­gen­heit und mitt­ler­wei­le sei­en Män­ner und Jun­gen das be­nach­tei­lig­te Ge­schlecht.[21] Es herr­sche ei­ne „Fe­mo­kra­tie“, wo­rin Frau­en zen­tra­le In­stan­zen in­ne­hät­ten und be­stim­men und herr­schen wür­den. Die Aus­wir­kun­gen die­ser ver­meint­li­chen Be­nach­tei­li­gun­gen wer­den kon­kret oft in fol­gen­den drei Be­rei­chen ge­nannt: Sor­ge­recht, Wehr­dienst und Bil­dung/Ar­beit.

Durch Sor­ge­rechts­streits ge­ra­ten vie­le Per­so­nen in mas­ku­lis­ti­sche Krei­se.[22] Vie­le Män­ner füh­len sich be­nach­tei­ligt und vor al­lem un­ver­hei­ra­te­te Vä­ter be­kla­gen, bei den Aus­ein­an­der­set­zun­gen um Kinder das Nach­se­hen zu ha­ben. Die Gesetz­ge­bung stammt aus dem Kaiser­reich mit dem Ziel, den Wohl­stand der Män­ner der Ober­schicht zu schüt­zen. Un­ehe­li­che Kin­der gal­ten als nicht ver­wandt zum Va­ter und konn­ten z.B. nicht er­ben. [23] Dass Vä­ter ge­gen­über ih­ren un­ehe­li­chen Kin­dern we­ni­ger Rech­te – und da­mit ver­bun­den auch we­ni­ger Pflich­ten – in­ne­hat­ten, war im Sin­ne der da­ma­li­gen Män­ner.[24] Der Wunsch nach ei­ner ak­ti­ven Rol­le der Vä­ter bei der Er­zie­hung ih­rer Kin­der (un­ab­hän­gig vom Sta­tus le­dig/ver­hei­ra­tet), ist in dem Aus­maß ein re­la­tiv neu­es Phänomen und auf­grund der sich än­dern­den ge­sell­schaft­li­chen Verhält­nis­se un­ter­liegt das Fa­mi­lien­recht fort­lau­fend Er­neu­erun­gen. So wirk­te sich bei­spiels­wei­se der Um­stand, dass vie­le Eh­en ge­schie­den und neue Zweit­fa­mi­lien ge­grün­det wer­den, da­rauf aus, dass ge­schie­de­ne Ehe­part­ner_in­nen we­niger Un­ter­halts­an­sprü­che ge­gen­über ih­rem_r Ex-Par­tner_in ha­ben. Eben­so kann die Ent­schei­dung des Bun­des­ge­richts­hofs vom Feb­ruar 2017 als Pa­ra­dig­men­wech­sel im Un­ter­halts­recht ge­se­hen wer­den. Der BGH ent­schied, dass das Wech­sel­mo­dell, bei dem Kin­der ge­trenn­ter El­tern bei bei­den El­tern­tei­len (größ­ten­teils) zu glei­chen Tei­len le­ben, auch ge­gen den Wunsch ei­nes El­tern­teils durch­ge­setzt wer­den kann.

Als ein wei­te­res Ar­gu­ment für die Be­nach­tei­li­gung der Män­ner wur­de an­ge­führt, dass die Wehr­pflicht aus­schließ­lich für Män­ner galt. Um zu se­hen, wo­her die­ser Um­stand kommt, muss auch hier der his­to­ri­sche Kon­text be­trach­tet wer­den. Frü­her galt es als Pri­vi­leg, dem Dienst an der Waf­fe fol­gen zu dür­fen. Ein „waf­fen­fä­hi­ger Bür­ger“ er­hielt ei­nen Sta­tus mit zu­sam­men­hän­gen­den Bür­ger­rech­ten wie das Wahl­recht, wo­von Frau­en bis 1919 in Deutsch­land aus­ge­schlos­sen wa­ren.[25] 2011 wur­de in Deutsch­land die all­ge­mei­ne Wehr­pflicht aus­ge­setzt, wes­halb die­ses Ar­gu­ment nicht mehr als Bei­spiel zu ak­tu­el­len Be­nach­tei­li­gun­gen ge­nannt wer­den kann. Was al­ler­dings dis­ku­tiert wird, ist der ge­gen­tei­li­ge Fall: die Auf­nah­me von Frau­en beim Wehr­dienst. Vor al­lem die un­ter­schied­li­chen Auf­nah­me­be­din­gun­gen nach Ge­schlecht werden kri­ti­siert.

Im Bil­dungs­be­reich ist bei den Mas­ku­lis­t_in­nen von Jun­gen als Bil­dungs­ver­lie­rern die Re­de.[26] Die­se An­sich­ten ver­fan­gen leicht und wer­den in der brei­te­ren Öf­fent­lich­keit auf­ge­grif­fen. Ei­ne Stel­lung­nah­me des Deut­schen In­dus­trie- und Han­dels­kam­mer­tages warn­te vor ei­nem „über­wie­gend männ­li­chen Pro­le­ta­riat“.[27] Jun­gen wür­den in der Schu­le be­nach­tei­ligt, sei­en Bil­dungs­ver­lie­rer, Mäd­chen hät­ten bes­se­re No­ten und wür­den Jun­gen im Bil­dungs­be­reich ab­hän­gen. Die­se The­se lässt sich auf den zwei­ten Blick nicht hal­ten. Schaut man sich die Schü­ler_in­nen­grup­pen an, ist zu er­ken­nen, dass Jun­gen nicht per se schlech­te­re No­ten be­kom­men und da­durch als Bil­dungs­ver­lie­rer zu be­ti­teln sind. Mit­tel­schicht­jun­gen ha­ben in Ma­the und den Na­tur­wis­sen­schaf­ten – wie je­her – so­gar bes­se­re No­ten als Mäd­chen. Nur Jun­gen, die ei­nen ge­rin­ge­ren so­zia­len Sta­tus ha­ben, wei­sen schlech­te­re No­ten auf.[28] Die zen­tra­le Dis­kri­mi­nie­rungs­ka­te­go­rie ist die der so­zia­len Schicht und nicht die des Ge­schlechts. Nicht Jun­gen, son­dern An­ge­hö­ri­ge eines nied­ri­gen so­zia­len Sta­tus wer­den be­nach­tei­ligt und kön­nen schwer auf­stei­gen.

Im Be­reich Ar­beit ist zu er­ken­nen, dass schlecht qua­li­fi­zier­te Män­ner mehr Schwie­rig­kei­ten als frü­her ha­ben, ei­nen Job zu fin­den. Das liegt zum ei­nen da­ran, dass Frau­en ver­mehrt ar­bei­ten (auch wenn dies oft nur auf Teil­zeit- oder Mi­ni­job­ba­sis ge­schieht) und zum an­de­ren da­ran, dass die „klas­si­schen Män­ner­be­ru­fe“ mehr und mehr ma­schi­nell er­setz­bar wer­den.[30] Trotz die­ses Um­stan­des sind Män­ner ins­ge­samt auf dem Ar­beits­markt al­ler­dings wei­ter­hin pri­vi­le­giert.[29]

Die Stra­te­gie der Bil­dung ei­nes Op­fer­my­thos ist vor­teil­haft, um die ei­ge­nen For­de­run­gen zu le­gi­ti­mie­ren und gleich­zei­tig die be­ste­hen­de Gleich­stel­lungs­ar­beit zu kri­ti­sie­ren. Un­ter Le­gi­ti­ma­tions­druck ge­ra­ten durch die Ar­gu­men­ta­tion nicht män­ner­recht­li­che For­de­run­gen, son­dern der­zei­ti­ge An­ti­dis­kri­mi­nie­rungs­pro­jek­te und In­sti­tu­tio­nen zur Ver­wirk­li­chung der Gleich­stel­lung der Ge­schlech­ter.[31]
 


8. The­se: „Die Be­nach­tei­li­gung der Män­ner wird in der Öf­fent­lich­keit und von den Me­dien nicht (ge­nug) wahr­ge­nom­men!“

Stra­te­gie: Flu­ten von Kom­men­tar­spal­ten

Ziel: Agen­da Set­ting, Ver­brei­tung ei­ge­ner Po­si­tio­nen, Be­ein­flus­sung der Be­richt­er­stat­tung in den (Leit-)­Me­dien


Von Mas­ku­list_in­nen wird häu­fig der Vor­wurf laut, ih­re Be­dürf­nis­se wür­den in den Me­dien nicht wie­der­ge­ge­ben und er­hiel­ten nicht die er­for­der­li­che Auf­merk­sam­keit. Um ih­re ei­ge­nen Po­si­tio­nen zu ver­bre­iten und The­men für Dis­kus­sio­nen zu set­zen (Agen­da Set­ting), flu­ten sie ge­zielt die Kom­men­tar­spal­ten.[32] Das mas­si­ve Auf­tre­ten in den Kom­men­tar­be­rei­chen soll ein mas­ku­lis­ti­sches Stim­mungs­bild der Ge­sell­schaft zei­gen, wel­ches in die­sem Ma­ße nicht vor­han­den ist.

Rech­te (z.B. Mitläufer_innen bei PE­GI­DA-Auf­mär­schen) wie auch mas­ku­lis­ti­sche Krei­se, die sich teil­wei­se über­schnei­den, dif­fa­mie­ren die (Leit-)­Me­dien mit der his­to­risch be­las­te­ten Be­zeich­nung „Lü­gen­pres­se“. Da­bei hat ih­re Stra­te­gie die Wir­kung nicht ver­fehlt. Ob­wohl die mas­ku­lis­ti­sche Sze­ne klein ist, ha­ben sie es durch die­se Stra­te­gie der On­line-Gue­ril­la ge­schafft, die Be­richt­er­stat­tung in ih­rem Sin­ne zu be­ein­flus­sen und be­ste­hen­den Un­wohl­ge­füh­len ge­gen­über ge­sell­schaft­li­chen Ver­än­de­run­gen und eman­zi­pa­to­ri­schen Be­stre­bun­gen ein Sprach­rohr zu bie­ten.

Tho­mas Ges­ter­kamp und Ni­na Ma­rie Bust-Bar­tels be­schrei­ben, dass es im­mer wie­der ei­ne Büh­ne für Mas­ku­lis­t_in­nen gab. In rech­ten Blät­tern wie in der Jun­gen Frei­heit (Titel 2008 „Frei­heit statt Fe­mi­nis­mus“[33]), aber auch in Leit­me­dien wie „DIE ZEIT“, „DER SPIE­GEL“ oder dem „Fo­cus“ hät­ten sich die The­men wie­der­ge­fun­den.[34] So ti­tel­te der Fo­cus 2008: „Das ge­schwäch­te Ge­schlecht. Eman­zi­pa­tion, nächs­te Stu­fe: Ge­gen die Be­nach­tei­li­gung und Ab­wer­tung von Män­nern for­miert sich ei­ne neue Bür­ger­rechts­be­we­gung“[35] oder auch „im Zwei­fel ge­gen den Mann“(2009)[36] und „Be­nach­tei­ligt? Wer denn?“(2009).[37] Die FAZ ti­tel­te schon 2003 „Män­ner­däm­me­rung. Wer uns denkt: Frau­en über­neh­men die Be­wusst­seins­in­dus­trie“.[38] Ei­ne Se­rie in der ZEIT mit dem Ti­tel „Not am Mann“(2014) er­schien und der SPIE­GEL schrieb: „Was vom Mann noch üb­rig bleibt“.[39] Da­von, dass die The­men der Mas­ku­list_in­nen in der me­dia­len Be­richt­er­stat­tung nicht vor­kom­men wür­den, kann kei­ne Re­de sein.
 


9. The­se: „Die Fot­ze brin­gen wir um!“

Stra­te­gie: Hate Speech[40]

Ziel: Zer­stö­rung des Fein­des, Mund­tot­ma­chen, Mo­bi­li­sie­rung Drit­ter zu Ge­walt­hand­lun­gen


„Ach­te auf dei­ne Ge­dan­ken, denn sie wer­den Wor­te.
Ach­te auf dei­ne Wor­te, denn sie wer­den Hand­lun­gen.“ [41]


Ein wei­te­res zen­tra­les – viel­leicht auch das zen­tra­le – Mit­tel der Mas­ku­lis­t_in­nen ist die Ver­wen­dung von Hate Speech. Der Be­griff Hate Speech ist aus dem En­gli­schen ent­nom­men. Bis­her hat sich im Deut­schen kein Äqui­va­lent (wie et­wa Hass­rede) durch­ge­setzt. Ro­sen­brock be­schreibt, dass Hate Speech in Ab­gren­zung zur Pro­pa­gan­da nicht ver­suche, Ziel­grup­pen zu ver­ein­nah­men, son­dern die an­ge­grif­fe­ne Per­son ge­zielt ab­wer­tet. Es ge­he nicht um Dia­log, son­dern um Aus­schluss und Ver­let­zung.[42]

Men­schen, die dem Feind­bild ent­spre­chen, wer­den mas­siv be­lei­digt und be­droht. Ge­gen­mei­nun­gen wer­den in Dis­kus­sio­nen nicht an­er­kannt und es wird sich nicht auf sach­li­cher Ebe­ne ar­gu­men­ta­tiv mit den The­men und Men­schen aus­ein­an­der­ge­setzt, son­dern das Ziel ist die Zer­stö­rung der de­fi­nier­ten Fein­de. Un­an­ge­neh­me Teil­neh­mer_in­nen sol­len ge­broch­en wer­den und sich aus den Dis­kus­sio­nen zu­rück­zie­hen. Die­ses Ver­hal­ten wird auch Si­len­cing-Stra­te­gie[43] ge­nannt.

Ein wei­te­rer As­pekt, den Hate Speech be­wir­ken soll, ist die Mo­bi­li­sie­rung Drit­ter zu Ge­walt­hand­lun­gen.[44] Durch die An­grif­fe auf sprach­li­cher Ebe­ne wer­den Gren­zen über­schrit­ten und – wenn nicht mas­siv ge­zeigt wird, dass die­se Grenz­über­schrei­tun­gen nicht ak­zep­tiert wer­den – all­mäh­lich er­wei­tert. Men­schen wer­den ent­mensch­licht dar­ge­stellt und die An­grei­fer_in­nen schau­keln sich wie ein Mob im Blut­rausch hoch und sta­cheln sich ge­gen­sei­tig an. Auch den ge­leg­ten Feu­ern in Flücht­lings­un­ter­künf­ten gin­gen zahl­rei­che Hass­ti­ra­den im In­ter­net vo­raus.

An­knüp­fungs­punk­te des Mas­ku­lis­mus

Der Mas­ku­lis­mus bie­tet An­knüp­fungs­punk­te in un­ter­schied­li­che po­li­ti­sche La­ger und dient als Ver­ei­ni­gungs­ideo­lo­gie ver­schie­de­ner po­li­ti­scher Spek­tren.[45] Am au­gen­schein­lichs­ten ist die in­halt­li­che Nä­he zum rech­ten Ge­dan­ken­gut. Da Ras­sis­mus und Se­xis­mus nach ähn­li­chen Me­cha­nis­men funk­tio­nie­ren,[46] über­ra­schen pa­ral­le­le Ar­gu­men­ta­tions­mus­ter von An­ti­fe­mi­nis­t_in­nen und rech­ten Grup­pen nicht. Die rech­te Sze­ne sei ein Be­stand­teil des Mas­ku­lis­mus, aber nicht kon­sti­tu­ie­rend. So­mit un­ter­stüt­zen fast al­le Mit­glie­der des rech­ten La­gers die Denk­wei­sen von Mas­ku­list_in­nen, aber nicht al­le Mas­ku­list_in­nen ste­hen po­li­tisch rechts. Auch ins kon­ser­va­ti­ve La­ger gibt es An­schluss­punk­te. Die bio­lo­gis­ti­sche Ar­gu­men­ta­tion mit dem Fest­hal­ten an der Zwei­ge­schlecht­lich­keit und da­mit ver­meint­lich ver­bun­de­nen Rech­ten und Pflich­ten passt zu ei­ner struk­tur­kon­ser­va­ti­ven Les­art. Mas­ku­list_in­nen for­dern zwar wei­te­re po­li­ti­sche Ak­te für die Aus­wei­tung ih­rer Rech­te, leh­nen aber (pa­ra­do­xer­wei­se) gleich­zei­tig die Un­ter­stüt­zung von Frau­en durch po­li­ti­sches Han­deln als Ein­mi­schung des Staa­tes in Pri­vat­an­ge­le­gen­hei­ten ab. Die­se Hal­tung bie­tet An­knüp­fungs­punk­te in das li­be­ra­le, an­ti-eta­tis­ti­sche La­ger.[47]

Aus­wir­kun­gen auf ge­sell­schafts­po­li­ti­sche In­sti­tu­tio­nen

Zwar ist der har­te Kern der Sze­ne klein, es gibt zah­len­mä­ßig we­ni­ge An­hän­ger_in­nen, aber der Ein­fluss auf ge­sell­schaft­li­che Dis­kus­sio­nen hat sehr gut funk­tio­niert. Sie sind ei­ne gut ver­netz­te und das In­ter­net ef­fek­tiv nut­zen­de Grup­pe, der es ge­lang, ei­ge­ne The­men und po­li­ti­sche Schwer­punk­te zu set­zen. Die Be­richt­er­stat­tung in den Me­dien griff ih­re The­men auf und dis­ku­tier­te vor al­lem mit und nicht über Mas­ku­list_in­nen. In An­be­tracht der Grö­ße der Sze­ne be­steht ei­ne star­ke Reich­wei­te.

Die­se klei­ne Be­we­gung hat ei­ne Fo­kus­ver­schie­bung be­wirkt: In der öf­fent­li­chen Wahr­neh­mung wird über be­nach­tei­lig­te Män­ner und Jun­gen dis­ku­tiert. For­de­run­gen, mehr Män­ner in Ki­tas und (Grund-)schu­len zu brin­gen, do­mi­nie­ren das Feld ge­schlech­ter­the­ma­ti­scher Dis­kus­sio­nen. Es bil­den sich In­sti­tu­tio­nen für Män­ner­po­li­tik he­raus, wie zum Bei­spiel als Ge­gen­stück zum Deut­schen Frau­en­rat das „Bun­des­fo­rum Män­ner – In­te­res­sen­ver­band für Jun­gen, Män­ner und Vä­ter“.[48] Die der­zei­ti­ge Dis­kus­sions­rich­tung, die von Mas­ku­list_in­nen be­feu­ert wird, trägt zur Le­gi­ti­mie­rung von In­sti­tu­tio­nen bei, die Be­nach­tei­li­gun­gen von Jun­gen und Män­nern un­ter­su­chen, wo­durch tra­di­tio­nel­le Mäd­chen- und Frau­en­ar­beit zu­guns­ten „mo­der­ner“ Ge­schlech­ter­po­li­tik ge­kürzt wird. In Öster­reich wur­de un­ter der schwarz-brau­nen Re­gie­rung ei­ne „män­ner­po­li­ti­sche Grund­satz­ab­tei­lung“ im So­zial­mi­nis­te­rium ge­schaf­fen, in Deutsch­land un­ter Kris­tina Schrö­der das Re­fe­rat 408 „Gleich­stel­lungs­po­li­tik für Män­ner und Jun­gen“ im Bun­des­mi­nis­te­rium für Fa­mi­lien, Se­nio­ren, Frau­en und Ju­gend ein­ge­rich­tet.

Die be­schrie­be­nen In­ter­ven­tio­nen von Mas­ku­li­nist_in­nen be­wir­ken so­mit ei­ne in­di­rek­te Be­ein­flus­sung der po­li­ti­schen En­tschei­dungs­träger_in­nen. Da­durch, dass neue In­sti­tu­tio­nen für Jun­gen und Män­ner­po­li­tik ent­ste­hen, wer­den Gel­der, die ge­schlech­ter­po­li­tisch aus­ge­ge­ben wer­den, um­ver­teilt.

Durch die­se Fo­kus­ver­schie­bung ge­ra­ten an­de­re The­men in den Hin­ter­grund. In ge­sell­schaft­li­chen Macht­po­si­tio­nen, beim Be­sitz und der Aus­hand­lung von Geld, Zeit und Ein­fluss, sind Frau­en stark un­ter­re­prä­sen­tiert und das nicht nur in Deutsch­land, son­dern welt­weit. Frau­en sind nur zu acht Pro­zent in den Vor­stän­den der gro­ßen deut­schen Un­ter­neh­men ver­tre­ten, be­set­zen nur ei­ne von fünf Pro­fes­sor_in­nen­stel­len und ver­die­nen im Schnitt 22 % we­ni­ger als Män­ner.[49] Al­lein­er­zie­hen­de sind zu 90 % Frau­en und stark ar­muts­ge­fähr­det.[50] Die durch­schnitt­li­che Ren­te von Frau­en der al­ten Bun­des­län­der liegt le­dig­lich bei 495 Euro im Mo­nat.[51] Die­se The­men sind zur Zeit weit­ge­hend vom ge­sell­schaft­li­chen Ra­dar ver­schwun­den, wer­den nicht breit dis­ku­tiert und durch mas­ku­lis­ti­sche Ar­gu­men­ta­tio­nen teil­wei­se so­gar be­strit­ten.

Durch ih­re Stra­te­gie der On­line-Gue­ril­la, dem Flu­ten von Kom­men­tar­spal­ten, ha­ben Mas­ku­li­nis­t_in­nen er­folg­rei­ches Agen­da Set­ting be­trie­ben. Ih­re The­men wer­den von der Pres­se auf­ge­grif­fen und mitt­ler­wei­le ge­samt­ge­sell­schaft­lich dis­ku­tiert. So, wie die der­zei­ti­ge Dis­kus­sion ge­führt wird, wird eta­blier­ten In­sti­tu­tio­nen für die Durch­set­zung ei­ner Gleich­stel­lung der Ge­schlech­ter die Grund­la­ge ent­zo­gen.

Dies hat ent­we­der zur Fol­ge, dass die Mit­tel auf­grund der ver­meint­li­chen Be­nach­tei­li­gung der Jun­gen und Män­ner um­ver­teilt wer­den hin zu Jun­gen- und Män­ner­ar­beit oder Mit­tel ganz ge­stri­chen wer­den, da ei­ne Be­nach­tei­li­gung von Frau­en nicht mehr vor­han­den sei. Pro­ble­ma­tisch da­bei ist, dass die Dis­kus­sio­nen nicht zu Mehr­aus­ga­ben im so­zia­len Be­reich für Pro­jek­te zur Un­ter­stüt­zung von Jun­gen und Män­ner führ­ten, son­dern „Män­ner“- und „Frau­en­po­li­tik“ ge­gen­ein­an­der aus­ge­spielt wer­den. Ge­schlech­ter­po­li­tik wird nicht als ganz­heit­li­cher An­satz ge­dacht wird, bei dem al­le ge­win­nen kön­nen, son­dern als Null­sum­men­spiel dar­ge­stellt.

 

Em­pi­risch un­ter­sucht wur­de dies u.a. von Hin­rich Ro­sen­brock (vgl. Rosenbrock (2012a): S. 134-152).

So wirk­te sich bei­spiels­wei­se der Um­stand, dass vie­le Eh­en ge­schie­den und neue Zweit­fa­mi­lien ge­grün­det wer­den, da­rauf aus, dass ge­schie­de­ne Ehe­part­ner_in­nen we­niger Un­ter­halts­an­sprü­che ge­gen­über ih­rem_r Ex-Par­tner_in ha­ben.

Der Be­griff Fe­mo­kra­tie meint das Herrschen von Frau­en über Män­ner. Im Ge­gen­satz zu den Be­grif­fen Pa­tria­chat und Ma­tria­chat hat sich der der Be­griff „Fe­mo­kra­tie“ bis­her nicht weit ver­bre­itet und wird fast ausschließlich in mas­ku­lis­ti­schen Krei­sen ver­wen­det.

Ich wer­de hier mit dem Be­griff Mas­ku­lis­mus ar­bei­ten, oh­ne des­sen An­nah­men (u. a. über ei­ne be­ste­hen­de „Fe­mo­kra­tie“) zu tei­len. Die Nut­zung des Be­griffs soll le­dig­lich auf­zei­gen, dass ich mich mit die­ser neu­en Form des Mas­ku­li­nis­mus aus­ein­an­der­set­ze.

Ei­ne de­tail­lier­te Dar­stel­lung von un­ter­schied­li­chen Grup­pen und wir­kungs­rei­chen In­di­vi­duen in der mas­ku­lis­ti­schen Str­ömung ist z. B. bei Ges­ter­kamp (2010) oder Ro­sen­brock (2012) zu fin­den.

Ich spre­che be­wusst nicht von ei­ner so­zia­len Be­we­gung. Ro­bert Claus und Hin­rich Ro­sen­brock ha­ben sich aus­führ­lich mit der Fra­ge be­schäf­tigt, ob die an­ti­fe­mi­nis­ti­schen Grup­pen ei­ne so­zia­le Be­we­gung dar­stel­len wür­den. Vor al­lem auf­grund der ge­rin­gen An­zahl der An­hän­ger_in­nen, dem schwa­chen Mo­bi­li­sie­rungs­po­ten­tial und der feh­len­den ge­mein­sa­men (Ent­ste­hungs-)­Ge­schich­te hand­le es sich ih­rem Ver­ständ­nis nach um kei­ne so­zia­le Be­we­gung (vgl. Claus (2014): S. 32 – 35 und Ro­sen­brock (2012): S. 37 – 46).